Ausstellungsprojekt, 2008 in Steinhöfel: Ein Haus (von und für) Gilly
Frühling-Sommer-Herbst 2008
Projektteam:
-Rainer Görß, Künstler, Projektentwickler
-Christine Hoffmann, Kuratorin, Künstlerin
-Ania Rudolph, Designerin, Projektentwicklerin
-Manfred Stolarczyck
Dokumentation:
1. Frühling
Im brandenburgischen Kulturjahr 2008, das unter dem Thema ‚Provinz und Metropole | Metropole und Provinz’ stand, haben wir im ‚Garten Steinhöfel’ die Idee eines Hauses verortet, in dem sich die Qualitäten und Potenziale ländlicher und städtischer Kultur verbinden.
Ein Haus für Kunst: nicht als Zweigstelle einer überschwappenden Stadtkultur, sondern als eigenständiges Relais, das die lokal vorhandenen historischen Fluchtlinien bündelt und für eine zeitgemäße und zukunftsträchtige Landkultur öffnet. Wir haben uns die Freiheit genommen, Friedrich Gillys Zeichnung ‚Kuben im Sand’ als Bauanleitung für ein Haus, das begehbare Skulptur, Denkmal und Kunstraum zugleich sein könnte, zu benutzen. Durch eine skizzenhafte, temporäre Holzkonstruktion haben wir einen Raumgedanken des visionären jungen Architekten, der am Ensemble von Steinhöfel (mit)wirkte, als ‚Genius loci’ für eine Sommersaison dingfest gemacht. Um diese ‚nackte Konstruktion’ rankten sich das Jahr über Ereignisse und Veranstaltungen, die das angedachte Bauwerk räumlich und hinsichtlich seiner möglichen Funktionen spürbar machten. Der daraus resultierende Denkraum zwischen Idee und Realisation füllte sich wie ein Tanzboden mit zahlreichen Paarkonfigurationen, bei denen mal die Gewichtigkeit der Bedenken, mal das Versprechen der Möglichkeit die Führung übernahm.
2. Sommer
Tradition und Zukunft gehen eine produktive Verbindung ein. Die Perspektivenzeichnung des Architekten Friedrich Gilly „ Kuben im Sand“, die gegen Ende des 18. Jahrhúnderts entstanden ist, wirkt heute wie ein „visuelles Manifest“, wir interpretieren sie als Konzept für ein utopisches Denkmal der Architekturgeschichte.
Das Projekt „Ein Haus für Gilly“ sieht vor, frei nach dessen Vision Teile der Zeichnung als eine begehbare Plastik und Denkraum in das öffentliche Bewusstsein zu stellen. Dieses zunächst temporär zu installierende Denkmal für Friedrich Gilly und die durch ihn ausgelösten Impulse schafft in Brandenburg einen Ort, an dem des ‚Erfinders’ des Denkmalschutzes und zugleich der Geburt der Moderne aus dem Verstehen der Historie in der Architektur in unserem Land gedacht wird. Der Raum wird zum Behältnis für ein multimediales, brandenburgisches Gilly-Museum und dient zugleich als Veranstaltungsort und kulturelles Kommunikationszentrum, als zukunftsgewandtes ‚open house’. Er befindet sich im Zielbereich der Gartenhauptachse und erlaubt eine idealisierte Blickbeziehung zur ‚Historie’ von Schlosspark und Schloss, die angespielt und interpretiert, aber in ihrer authentischen Geschlossenheit nicht beeinflusst wird. Als Ort der Reflektion und der kreativen Produktion im‚ Arbeitsbereich’ der ehemaligen Gutsgärtnerei signalisiert das ‚Haus für Gilly’ eine neue Synapse zwischen ländlicher und städtischer Kultur. Die Baustoffe der geplanten Raumplastik und ihre Technologien sollen den Charakter einer temporären fundamentlosen Leichtbauweise eines Pfahlbaus tragen, der visuell 10 cm über dem Boden schwebt. Die Technologien verbinden umweltfreundliche Bauweisen (Stroh, Lehm- bzw. Holzbauweise und energieeffiziente, innovative Umwelttechnologien). Die Größenordnung sollte im Charakter zwischen Modell-Gedanken und real nutzbarer Raumsituation bei ca. 150 -200 qm incl. Nebengelassen liegen. Die Installation und Diskussion dieses funktionalen und ästhetischen Raummodells wird durch das Projekt ‚Ein Haus für Gilly’ 2008 in Steinhöfel mit Ausstellungen und Veranstaltungen verortet.
Projektnotiz - ein Haus für Gilly/ Kunstperspektive
Die perspektivische Zeichnung des Architekten Friedrich Gilly „Kuben im Sand“ von ca 1799, wirkt heute wie ein utopischer Denkpunkt, ein Denkmal in der Architekturgeschichte der Moderne. Das Projekt „Kuben im Sand“ sieht vor, frei nach der Vision des Architekturlehrers, Teile der Zeichnung als eine begehbare Plastik, einen begehbaren Denk-Raum in das öffentliche Bewusstsein zu stellen. Angedacht ist ein temporäres Denk-mal für Friedrich Gilly und die durch ihn ausgelösten Impulse, für den Denkmalschutz und die Kubismen der architektonischen Moderne. Die Arbeit wird frei nach der perspektivischen Ideenskizze in Zusammenarbeit zwischen Architektur und Kunst gestaltet. Die symmetrische „Kulturhaus-architektur” ermöglicht in ihren zwei Hälften einen Dialog zwischen den Polen Geschichte und Zukunft. Die denkbare Bespielung bietet einerseits eine Multimediainstallation zur Familie Gilly, ihrem Wirken in Brandenburg im Allgemeinen und in Steinhöfel im Besonderen in Verbindung mit einem kommunalen Veranstaltungsraum im Mittelteil. Zugleich entsteht ein Raum für aktuelle künstlerische Positionen z.B kontextbezogener Konzept- und Multimedia- Arbeiten und für Projekte mit Architekten, Landschaftsplanern, Umweltintiativen, Lehre, Forschung und vieles mehr. Die Lage des Hauses zum Garten setzt in die Hauptachse ein Zeichen und regt eine Blickbeziehung zu Schlosspark und Schloss an, die angespielt und interpretiert werden. Die Baustoffe der Raumplastik und ihre Technologien sollen den Charakter der temporären fundamentlosen Leichtbauweise eines Pfahlbauses haben, der 10 cm über dem Boden der Realität schwebt.
3. Herbst
Vorher und Nachher / Kurzer Rück- und Ausblick
LandKunstLeben hat seit 2001 die Architektur von David und Friedrich Gilly in Steinhöfel unter verschiedenen Aspekten thematisiert. In der ersten Ausstellung ‚Bibliothek im Schlosspark Steinhöfel’ haben wir den Ort und seine Geschichte mit Installationen zeitgenössischer Künstler zum Sprechen zu bringen versucht. 2006 war die Ausstellung ‚Friedrich Gilly in Steinhöfel’ gleichfalls im und um das Gebäude der Bibliothek herum zu sehen. Historische Bücher aus den Beständen der Massowschen Bibliothek, die einst im Gebäude zu Hause waren, wurden in beiden Ausstellungen gezeigt. Letztlich war auch ein Buch, nämlich der von Neumeyer herausgegebene Essay-Band zu Friedrich Gilly, ein wichtiger Anreger: in ihm fanden sich dessen so modern anmutende, perspektivische Zeichnungen. Für die Ausstellung 2006 hat sich Rainer Görss in seinem Ausstellungsbeitrag auf Gillys Zeichnung ‚Kuben im Sand’ konzentriert. Er entwickelte daraus eine 3 D Animation, die im Keller der Bibliothek gezeigt wurde. Der aus dem Virtuellen herüberscheinende Raum begann in der Folge, wie die Skizze eines Bildhauers, auf eine realräumliche Konkretisierung zu drängen.
Nach dem Abbau der räumlichen Skizze im Garten Steinhöfel machen wir uns an eine detaillierte Planung des Gebäudes: welchen Anforderungen sollte es entsprechen, welche ausstellungstechnischen Bestandteile für eine permanente Ausstellung zu Friedrich Gilly wären einzubeziehen. Welche Funktionen sind zu berücksichtigen, und welche Materialien würden dem visionären Geist des jungen Gilly heutzutage adäquat sein? Wie lässt sich das ‚rekonstruktions-orientierte’ Feld der Denkmalpflege (als deren Begründer Friedrich Gilly gilt) mit dem Geist der in die Zukunft reichenden Konstruktion des Neuen verquicken?
Ein Projekt im Rahmen des Themenjahres „Provinz und Metropole | Metropole und Provinz“
Kulturland Brandenburg 2008 wird gefördert durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur sowie das Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung des Landes Brandenburg. Das Projekt in Steinhöfel wird zudem gefördert durch das Ministerium des Inneren des Landes Brandenburg.
mit freundlicher Unterstützung der brandenburgischen Sparkassen gemeinsam mit der Ostdeutschen Sparkassenstiftung im Land Brandenburg.