Eva-Maria Schön zeigt eine situationsbezogene Arbeit in der Bibliothek Sie integriert verschiedene private Bibliotheken und die Gemeindebibliothek in ihrer Installation. Der Prozeß ihrer Entstehung ist in einem Text festgehalten und sollte als Teil der Arbeit mitgedacht werden.

Der Text von Eva-Maria Schön:

Ersatzbibliothek

Material: Bücher des Kommunikationszentrums Steinhöfel,
Laserkopien aus den Büchern der Massowschen Bibliothek, - ein Fußball


Wie kommt ein Fußball an die Decke einer Bibliothek?
Indem ein Bücherturm, der an die Decke reicht, ihn trägt.

Eine 4 m hohe Baustütze wird in dem Bibliotheksraum angebracht. Sie muß mit einigen Büchern verlängert werden, da die Distanz vom Boden bis zur Decke 4,40 m beträgt.



Photo: Eva-Maria Schön

Der Turm entsteht neben der Stütze. Aus 2 Reihen aneinandergebaut, beginnt er mit großformatigen Büchern. Der Bau wird abgebrochen, als der Turm schon auf der Hälfte, also bei 2,20 m, bedenklich zu schwanken beginnt. Der zweite Versuch wird etwa 1 m versetzt stabil mit verschiedenen Formaten neben- und übereinandergebaut. Er wächst organisch und auf breiten Füßen nach oben. Bei etwa 2,50 m und dreistündiger Bauzeit entscheiden wir uns, den Turmbau zu beenden, da er erneut zu wanken beginnt. Sein Umfang beträgt etwa 60 x 60 cm. Ich versuche, die Laserkopien von Abbildungen aus den Büchern der Massowschen Bibliothek, die ich in Fürstenwalde fotografieren konnte, zwischen die Buchseiten des Turms einzuschieben. Der Turm sieht jetzt aus wie ein dicker Baumstamm, aus dem die Abbildungen wie Blätter herauswachsen. Beim Versuch, eine Kopie von einer Schmetterlingszeichnung einzufügen, kommt der Turmbau in Schwingung und stürzt über mir zusammen.


Photo: Eva-Maria Schön

In zufälliger Reihenfolge stellen wir die Bücher auf den Boden zwischen die zwei Längswände des Raumes. Genau in die Mitte eingedrückt, hält der Fußball die horizontale Buchreihe, schwebend. So beschreiben die Bücher als Linie die Vertikale und Horizontale des Raumes, die Ersatzbibliothek.

Kommentar der Kuratorin: Die Bibliothek wurde nach dem Krieg lange als Turnhalle benutzt. Daher ist die Decke des Raums mit Ballabdrücken übersät.

Eva-Maria Schön, geb. 1948 in Dresden, lebt in Berlin.
Fotografenlehre und Studium an der Kunst-Akademie Düsseldorf. Seit 1980 in Berlin. Diverse Preise und Stipendium, u.a. 1983-84 das Karl-Schmidt-Rottluff Stipendium.
Ausstellungen im In- und Ausland.

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